Ein klimaneutraler Gebäudebestand wird zunehmend wichtiger, denn 40 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen auf die Heizung. Der Architekt Dr. Burkhard Schulze Darup beantwortet auf dem 13. Forum Wärmepumpe die Frage "Klimaneutralität im Gebäudebestand bis 2050 - wie geht das?".

Herr Schulze Darup, welchen Stellenwert hat die Wärmepumpe bei der Verwirklichung eines von der Bundesregierung angestrebten klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050?

Die Energiewende ist elektrisch! Die wichtigsten erneuerbaren Energiequellen – Wind und Sonne – verhalten sich dabei leider divenhaft: sie schwanken stark in ihrer Performance. Es gilt also, vernetzte Systeme zu gestalten, die interaktiv ein sinnvolles Lastmanagement ermöglichen. Ein möglichst hoher Anteil der Versorgungssysteme sollte entsprechend dem jeweiligen Angebot regelbar sein und zudem den regenerativ bereitgestellten Strom möglichst effizient in Wärme wandeln. Eine zentrale Technik dafür ist insbesondere im Bereich kleinteiliger Gebäudestrukturen die Wärmepumpe.

Geben Sie uns einen Einblick in die Praxis: Wie gehen Sie an das Ziel ran, klimaneutrale Gebäude zu entwickeln?

Das Grundprinzip ist ganz einfach: zunächst müssen die Gebäude eine möglichst hohe Effizienz in Richtung Passivhaus-Standard aufweisen. Ergänzend geht es darum, für die Versorgung ein möglichst effizientes System zu wählen, das ein Höchstmaß an Nutzung erneuerbarer Energien erlaubt. In der Jahresbilanz erzeugen die Gebäude mehr Energie als sie für Heizen, Warmwasserbereitung und Stromanwendungen benötigen.

Nachhaltiges Bauen wird immer wichtiger – nicht nur der Umwelt zuliebe, sondern auch zur Wertsteigerung von Immobilien. Welche Anlagenkonzepte sind hierbei besonders gefragt? 

Eine nachhaltig geplante Gebäudehülle weist eine Nutzungsdauer von vierzig, besser sechzig Jahren auf. Die Gebäudetechnik wird zu Teilen ca. alle 20 Jahre erneuert, also zwei bis dreimal während dieser Zeit. Die Technik sollte mithin so einfach und effizient wie möglich sein. Zudem müssten die auszutauschenden Teile mit geringem Aufwand erneuert und auf den technisch aktuellen Stand gebracht werden können. Da wir in Zukunft Fachkräftemangel haben werden, wären industriell gefertigte Komponenten nach dem „Plug and Play“-Prinzip eine gute Option. 

Wie sieht die Gebäudetechnik der Zukunft aus?

Sie wollen eine kurze Antwort. Also beschränke ich mich auf ein Beispiel für Einfamilienhäuser: bisher kosten Anlagen aus Kessel, Speicher, Solarthermieanlage und Lüftung inklusive heizseitiger Verteilung für den Bauherrn 30 – bis 40.000 €. Bei einer hochwertigen Gebäudehülle könnte zukünftig ein Mini-Wärmepumpen-System mit 2 bis 5 kW thermischer Leistung inkl. Lüftung und einer 10 kWpeak-PV-Anlage für nahezu die gleiche Summe realisierbar sein. Ein paar Jahre später wird in den Kosten ein kleiner Batteriespeicher enthalten sein. Eine sanfte Kühlung im Sommer gibt es nahezu gratis dazu. Der Kuchen für die Industrie teilt sich anders auf, wird aber größer, zumal der Montageaufwand bei diesen Systemen reduzierbar ist. Eine Win-Win-Situation für alle: wachsender Umsatz für die Hersteller, reduzierte monatliche Kosten für die Eigentümer und dramatische Reduzierung der CO2-Emissionen für unsere Umwelt.

Zum Interviewpartner

Der promovierte Architekt Dr. Burkhard Schulze Darup ist seit 1987 freiberuflich in Nürnberg tätig. Er ist spezialisiert auf Neubau und Sanierung mit Passivhaus-Komponenten und zunehmend im Plus-Energie-Standard. Er entwirft Konzepte sowohl für Wohn- und Nichtwohngebäude. 

Dr. Darup erstellt Planungs- und Energiekonzepte auf Projekt- und Quartiersebene. Seit 2009 erstellt er Gutachten zum Thema „Klimaneutralität im Gebäudebestand bis 2050“ sowie zahlreiche Quartierskonzepte und kommunale Gutachten mit demZiel von Plusenergiebilanzen bis 2050.