Heute begrüßen wir zum zehnten Teil unserer Serie „Köpfe“ Etienne Saint-Martin, Geschäftsführer des Betriebs „Linden Haustechnik und Wasserhygiene“ aus Köln, ein Betrieb, der rund um die Uhr für seine Kunden erreichbar ist.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!


1.    Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Ich halte es leider nicht für realistisch. Unsere Branche leidet an Personal- und Materialmangel und zudem weigern sich viele Betriebe leider, sich auf das Thema Wärmepumpe einzulassen. Von der Verfügbarkeit der Anlagen her wäre es theoretisch jedoch denkbar, 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu installieren.


2.    Welche Unterschiede stellen Sie hinsichtlich des Heizverhaltens Ihrer Kunden von 2023 zu Ihrer Weiterbildung 2010 fest?
Ich stelle fest, dass sich das Interesse schon sehr gewandelt hat. Anfang der 2010er-Jahre, war die Hauptsache, dass eine Anlage läuft und Sparsamkeit und Effizienz waren angenehme Nebeneffekte. Früher hat niemanden auch die Förderung interessiert –  alles hat sich mittlerweile ins Gegenteil verkehrt. Die Leute interessieren sich für die Förderung und Sparsamkeit und Effizienz sind Priorität Nummer eins. Ich stelle auch einen vermehrten Anstieg des Interesses an der Wärmepumpe fest.


3.    Was sind Ihre Gedanken zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)?
In erster Linie wünsche ich mir Klarheit. Es waren sehr viele Entwürfe, vieles wurde wieder „auf Eis gelegt“, einige Kunden sagen mir auch, dass das Gesetz schon längst hätte umgesetzt werden müssen.
Einige Kunden waren so verunsichert, dass sie sich schnell noch eine neue Gasheizung eingebaut haben. Eventuell würde ein späterer Start zum 01.07.2024 oder 01.01.2025 Sinn machen, sodass mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden kann.*


4.    Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
In diesem Jahr haben wir ca. 13 Wärmepumpen eingebaut, jedoch ist die Tendenz für nächstes Jahr klar steigend. Wir verbauen überwiegend Hybrid- und Splitanlagen.


5.    Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren?
Es kommt zunächst auf den Zustand des Gebäudes an und welche Arbeiten schon erledigt wurden, grundsätzlich rechnen wir mit einer Arbeitszeit von 5 Werktagen.


6.    Welche regenerative Heizung empfehlen Sie als Alternative zur Wärmepumpe?
Als Alternativen sehe ich einerseits die Pelletheizung, auch wenn sie wartungsintensiver als eine Wärmepumpe ist und Brennstoffzellen, auch wenn sie deutlich teurer sind.
Zum Thema Wasserstoff kann ich nur sagen, dass bisher zu wenig Erfahrungswerte vorliegen und es noch ein zu großer Aufwand ist. Für die Zukunft könnte Wasserstoff jedoch eine Alternative sein, vor allem für städtische Quartiere, wenn es das Netz hergibt.


7.    In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun?

Das Marketing muss besser werden, um das Handwerk attraktiver zu machen! Es muss das Potenzial genutzt werden aufzuzeigen, dass das Handwerk in erster Linie für Veränderungen steht. Auch müssen Umschulungen und Fortbildungen gefördert werden.
Ich denke zudem, dass das Handwerk eng mit den Schulen zusammenarbeiten muss, um Aufklärung zu betreiben.
Auch Schulbesuche und Jobbörsen halte ich für sinnvoll. Am Ende können vor allem junge Menschen durch das Handwerk aktiv an der Energiewende mitwirken. 


8.    Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen?
Wir haben zunächst einmal ein sehr gutes Arbeitsklima. Wir zahlen zudem überdurchschnittliches Gehalt, achten sehr auf die Wünsche unserer Mitarbeiter und bieten pro Jahr 3 Fortbildungen an.


9.    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird?

Ich denke, dass die Weichen dafür jetzt gestellt werden, es kommt auf die jetzigen politischen Entscheidungen an. Wir müssen aber auch im Auge behalten, was mittel- und langfristig geschehen kann. Das vieldiskutierte GEG, welches immer noch nicht  beschlossen wurde*, soll in abgespeckter Form beschlossen werden - wer weiß, was eine neue Regierung beschließen würde.
Deutschland sollte meiner Meinung nach Vorreiter sein bei der CO2-Reduzierung, ich merke bei Gesprächen mit Menschen im Ausland, dass viele auf Deutschland blicken.
Theoretisch halte ich es für machbar, 2045 treibhausgasneutral zu sein.


10.    Abschließend wagen wir einen Blick in die Zukunft:
Es ist Spätsommer im Jahr 2045 und Etienne Saint-Martin denkt an das Interview vom Spätsommer 2023 zurück.
Was wird er über die Wärmewende der 2020er-Jahre denken? 

Ich werde wahrscheinlich denken: Hoffentlich haben wir die Kurve noch bekommen und sind den richtigen Weg gegangen und haben die Wärmewende noch rechtzeitig eingeleitet.


*Das GEG ist nun seit dem 08.09.2023 verabschiedet. Unser Interview führten wir einige Tage davor.


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Saint-Martin!