Seit einer gefühlten Ewigkeit schwelt schon der Streit zwischen Horst Seehofer/Bayern und fast dem gesamten Rest der Republik. Es geht um den Neubau von Stromtrassen. Bundesregierung und Übertragungsnetzbetreiber möchten mithilfe großer Überlandleitungen Süd- und Norddeutschland besser miteinander verbinden. Der Grund: In Süddeutschland gibt es nicht nur viel Bevölkerung und Industrie – und damit einen hohen Strombedarf – sondern auch viele Atomkraftwerke. Diese werden aber in wenigen Jahren abgeschaltet. Gleichzeitig werden in Nord- und Ostdeutschland immer mehr Windräder gebaut. Hier gibt es aber vergleichsweise wenig Bevölkerung und Industrie – und damit einen geringeren Strombedarf. Das führt dazu, dass in diesen Regionen zu windstarken Zeiten mehr Strom produziert als gebraucht wird. Wenn er dann nicht exportiert werden kann, müssen die Anlagen vom Netz genommen werden. Das ist nicht nur Verschwendung sauberen Windstroms, sondern auch teuer, denn auch abgeregelter Windstrom muss nach EEG vergütet werden. Es liegt also nahe, diesen Strom einfach von Norden nach Süden zu leiten. Dafür braucht es die Stromleitungen, denn das bestehende Netz reicht dafür nicht aus.

Noch im Jahr 2013 hatte Bayern – auch damals schon Seehofer-regiert – dem Leitungsbau im Bundesrat zugestimmt. Auch das Energiekonzept der Bundesregierung, das den Ausbau von Windstrom und die Abschaltung der Kernkraft festlegt, wurde von der CSU mit erarbeitet und beschlossen. Doch seitdem steht Seehofer unter zunehmenden Druck von Bürgerinitiativen. Darum ließ er zuerst den Windkraft-Ausbau im eigenen Land bremsen. Und nach dem die Windmühlen besiegt waren, wandte sich „Don Horst“ den Strommasten zu: Für die Versorgungssicherheit in Bayern sollen Gas-Kraftwerke sorgen, die Stromleitungen seien nicht notwendig. Die Ungeduld mit Bayern wächst. Nicht nur Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordert von Seehofer ein Nachgeben, sondern auch alle Bundesländer (außer Hessen), alle Bundestagsparteien (außer der CSU), die Netzbetreiber und die bayerische Wirtschaft. Monatelang hatte man dem so genannten Bayerischen Energiedialog zugeschaut. Der jedoch brachte auch kein Ergebnis. Im gestern tagenden Koalitionsausschuss wurde eine Entscheidung auf den Sommer vertagt. So viel zu Hintergrund und Vorgeschichte.

Was hat das ganze mit der Wärmepumpe zu tun? Drei Stichworte: Strompreise, Öko-Bilanz, Versorgungssicherheit.

Viele Experten befürchten, ohne Leitungen würde der Strom in Süddeutschland teurer, weil er dort ohne Leitungen knapper sei als im Norden. Außerdem müssten die neuen Gas-Kraftwerke subventioniert werden, bereits die bestehenden sind unrentabel. Leidtragende wären die süddeutschen Stromkunden (und damit auch die Wärmepumpen-Nutzer), die dann mehr für ihren Strom bezahlen müssten. Die sind jedoch durch die von der Regierung verordneten Preissteigerungen der letzten Jahre bereits geschröpft. Weitere Kostensteigerungen würde das umweltfreundliche Heizen mit Wärmepumpe für viele Menschen unattraktiv machen. Auch die Öko-Bilanz der Wärmepumpe ist betroffen. Es macht einen Unterschied, ob die bayerischen Wärmepumpen mit CO2-freiem Windstrom oder fossilem Gas-Strom betrieben werden. Und natürlich spielt auch die Versorgungssicherheit eine Rolle. Denn Wärmepumpen werden nur dann eine attraktive Alternative bleiben, wenn sich die Kunden darauf verlassen können, dass sie anspringen, sobald es kalt wird.

Aus Wärmepumpen-Sicht ist daher wichtig: Der Strom muss a) in ganz Deutschland, b) möglichst sauber, c) möglichst günstig und d) sicher verfügbar sein. Jeder dieser Punkte ist unverzichtbar. Nur so kann die Wärmepumpe auch in Bayern – das im Übrigen laut seinem Energiekonzept anstrebt, den Wärmepumpen-Bestand bis 2021 auf 200.000 Anlagen zu verdoppeln – ihre Rolle für die Energiewende erfüllen. Um es mal ganz vorsichtig zu formulieren, erscheint es aus heutiger Sicht unplausibel, wie alle diese Punkte ohne Leitungen und mit subventionierten Kraftwerken erfüllt werden können.