Wärmenetze, Siedlung und Quartiere

Die Stadt der Zukunft braucht eine effiziente und umweltfreundliche Wärmeversorgung. Durch intelligente Lösungen kann die Wärmepumpe einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung unserer Gesellschaft leisten. Nicht nur im Bereich von Ein- und Zweifamilienhäusern ist die Wärmepumpe die Heizung der Zukunft – auch in Wärmenetzen, Quartieren und Siedlungen ist die Wärmepumpe der entscheidende Baustein für eine ressourcenschonende Wärmeversorgung. 

Vor allem drei Arten von Wärmenetzsystemen bieten sich für die Integration von Wärmepumpen an: (1) kalte Nahwärme, (2) klassische Nahwärme und (3) neuerdings auch Fernwärme. Die drei Varianten unterscheiden sich in ihren Vorzügen und Anwendungsfeldern. Leitungsbau, Großanlagen, Wärmepumpen, Wärmespeicher und Hausübergabestationen werden ab 2021 durch die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG), die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEG) und das KWK-Gesetz (dort: innovative KWK-Systeme) gefördert.


Kalte Nahwärme

Beim Konzept der kalten Nahwärme wird die Wärme dezentral gewonnen und in ein Netz gespeist, das mit einem geringen Temperaturniveau von 8 bis 20°C betrieben werden. Hierbei gibt es eine Vielzahl möglicher Wärmequellen, etwa Erdwärme, Abwasser, Solarthermie oder eine Kombination dieser.

Meist wird ein Zweileiternetz mit Vorlauf- und Rücklaufleitung verwendet. Durch die Ringleitung gelangt das erwärmte Trägermedium zu den Abnehmern, den Gebäuden. Dort heben Wärmepumpen die bereitgestellte Energie auf das individuell gewünschte Temperaturniveau. Die Wärmepumpe ersetzt also die Übergabestation. 

Anwendungsbeispiel Neubau: Kaltes Nahwärmenetz Bad Nauheim Süd

Anwendungsbeispiel Bestand: Wohnquartier Märkische Scholle

Vorteile der kalten Nahwärme:

  • Systemtemperaturen des Netzes können niedrig gehalten werden, das erspart eine Dämmung der Leitung und somit Kosten,
  • Das Netz arbeitet als Erdwärmekollektor und gewinnt Umweltwärme hinzu, was eine hohe Systemeffizienz sicherstellt. Eine Dämmung wäre sogar kontraproduktiv.
  • Ein zukünftiger Ausbau des Netzes in Etappen ist problemlos umsetzbar

 Mögliche Wärmequellen für kalte Nahwärme:

  • Erdwärme, gewonnen durch Sonden oder Kollektoren
  • Grundwasser, das über Brunnen nutzbar gemacht wird
  • Abwärme oder Kühlanlagen, Industriebetrieben, Rechenzentren o. ä.
  • Abwasser, das mit konstant hohen Temperaturen durch die Kanalisation fließt
  • Solarthermie, insbesondere große Freiflächenanlagen
  • Bioenergie- oder KWK-Anlagen

Klassische Nahwärme

Diese Art von Wärmenetz wird üblicherweise um eine einzelne Heizzentrale herum errichtet, in der Vergangenheit häufig Heizkessel oder BHKW. Zunehmend übernehmen große Wärmepumpen-Anlagen diese Rolle und ersetzen oder ergänzen den fossilen Wärmeerzeuger. Diese Art von Wärmenetzen werden in der Regel für ein Quartier oder einen Wohnkomplex errichtet.
Die Wärmepumpen-Anlage weist typischerweise eine Wärmeleistung zwischen 50 und 1 MW auf, wobei diese Leistung von einer einzelnen Maschine oder eine Kaskade von Wärmepumpen bereitgestellt wird.

Vorteile der klassischen Nahwärme:

  • Wegen der höheren Systemtemperatur besonders geeignet für die Umstellung bestehender Quartiersnetze (Gebäudebestand), wenngleich weniger effizient als die kalte Nahwärme
  • Der neue CO2-Emissionshandel trifft bestehende BHKW-Netze in besonderer Weise, weil der CO2-Preis für Strom- und Wärmeerzeugung anfällt, aber nur wärmeseitig umgelegt werden kann. Die Umstellung auf eine Wärmepumpe stellt hier eine finanzielle Entlastung dar.
  • Handelt es sich um ein Gebäudenetz (alle versorgten Gebäude gehören einem Eigentümer (Wohnungsgesellschaft)) besteht Anspruch auf die Förderung aus dem BEG: bis zu 45% bei Ersatz von Ölkesseln!
  • Besonders lukrativ ist die Wärmepumpe, wenn zugleich ein Bedarf an Wärme und Klimatisierung besteht (Hotelkomplex, Klinik, Bürokomplex, zunehmend auch im Wohnbereich).

Anwendungsbeispiel Neubau: Quartier Berlin-Karlshorst

Anwendungsbeispiel Bestand: Jakob-Brucker-Gymnasium & Turnhalle


Fernwärme

Bestehende Fernwärmenetze stehen vor der Herausforderung, die vor allem noch aus Kohle und Erdgas erzeugte Wärme durch erneuerbare Wärme ersetzen zu müssen. Große Wärmepumpen-Anlagen sind eine Möglichkeit, um insbesondere in den Städten (Biomasse und Solarthermie erschwert) neue Wärmequellen zu erschließen. Vor allem in Skandinavien bestehen dazu schon lange Erfahrungen. Die Wärmepumpen-Anlagen liegen in der Größenordnung von 1 bis 50 MW, einzelne Projekte erreichen bis zu 100 MW. Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Systems ist stark abhängig von der Temperatur und Ergiebigkeit der Wärmequelle sowie der Netztemperatur bei der Fernwärme.

Vorteile der Fernwärme

  • Fernwärmenetze sind bestehende Systeme und versorgen ca. 15% des deutschen Wärmebedarfs. Wird die Erzeugung durch Integration einer Wärmepumpe klimafreundlicher, so profitieren davon umgehend alle angeschlossenen Gebäude.
  • Fernwärmenetze versorgen häufig innenstädtische Bauten und Altbauten mit hohen Temperaturanforderungen. Hier ist die Erschließung der Wärmequellen für dezentrale Wärmepumpen unter Umständen weniger effizient oder kostenintensiver.
  • Wärmepumpen können in diesen Systemen flexibel eingesetzt werden, zum Beispiel auch zur Absenkung der Rücklauftemperatur und als Temperaturhub bei Wärmekunden mit speziellen Anforderungen.

Mögliche Wärmequellen

  • Abwärme aus Kraftwerken und BHKWs (Rauchgas, Kühlwasser). Dadurch Steigerung der Kraftwerkseffizienz, aber auch Abhängigkeit vom Kraftwerksbetrieb.
  • Abwärme aus Abwasser (Kanäle, Kläranlagen), Gewerbe (Rechenzentren) und Industrie
  • Geothermie, Oberflächengewässer

Siedlungsprojekte und Quartierslösungen mit Wärmepumpe

in dieser Publikation stellen wir Ihnen einige Beispiele aus der Praxis vor, bei denen die Wärmeversorgung ganzer Gewerbeobjekte und Industrieanlagen mithilfe von einzelnen (Groß-)Wärmepumpen oder Wärmepumpensystemen erfolgt. Die Wärmepumpe hat sich in neugebauten Ein- und Zweifamilienhäusern bereits zum Heizsystem der Wahl entwickelt und ist ebenso in Wärmenetzen immer häufiger anzutreffen. Anders sieht es jedoch im Gewerbe und in der Industrie aus - hier wird das Potential von Wärmepumpen leider immer noch zu selten genutzt.. Dabei ist das in vielen Fällen kein Problem, wie wir Ihnen in dieser Publikation zeigen möchten.

Wärmepumpen Förderratgeber 2023 – Auflage Februar 2023

Der Einbau klimafreundlicher Wärmepumpen wird gefördert - sowohl im Bestand, als auch im Neubau. Unser Förderratgeber informiert Sie zu allen gängigen Bundesförderprogrammen im Ein- und Zweifamilienhausbereich. Dazu zählen die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit den Einzelprogrammen BEG Einzelmaßnahmen ("BAFA-Förderung") und BEG WG/NWG (KfW-Förderung Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden). Außerdem erhalten Sie Informationen zur ab 01.03.2023 gültigen Kreditförderung "Klimafreundlicher Neubau" (KFN).