Sämtliche Ängste aller Atomkraftbefürworter, ohne AKW stehe Deutschland vor der Stromlücke, sind widerlegt. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes sowie eine Studie des Öko-Instituts belegen: Deutschland exportiert netto sogar Strom. Ganze 22,3 TWh waren es im letzten Jahr.

Nun könnte man sich prinzipiell darüber freuen, doch ist es ein Symptom für ein tieferliegendes und ziemlich teures Problem: Die deutschen Netzbetreiber wissen zeitweise gar nicht wohin mit dem ganzen Strom. Für die Versorgungssicherheit ist das ebenso gefährlich wie ein Strommangel, weil es die Stabilität und Funktionsfähigkeit der Netze bedroht.

Das Handelsblatt (Ausgabe vom 16.04.2013) berichtet, allein in der zweiten Märzhälfte hätten die Netzbetreiber „nicht weniger als 38-mal massiv in den Netzbetrieb eingreifen müssen“. Die Schlussfolgerung der Behörde ist alarmierend: „Die Sicherheit des Übertragungsnetzes sei nicht jederzeit gewährleistet gewesen“.  Es sind solche Situationen, in denen die Netzbetreiber versuchen, den Strom ins Ausland zu verkaufen – und das zu Spottpreisen. Teilweise muss für die Stromabnahme sogar gezahlt werden.

Es wird zwar dagegen gehalten, mit durchschnittlich 5,6 ct/kWh seien die deutschen Stromexporte immer noch teurer als die Importe (5,25 ct/kWh), Deutschland verdiene also im internationalen Stromhandel. Das mag bezogen auf die deutsche Volkswirtschaft richtig sein, aus Verbrauchersicht ist es aber eine Milchmädchenrechnung. Denn den Betreibern von Wind- und PV-Anlagen wird laut EEG ein weit darüber liegender Preis garantiert. Die Differenz zahlen die Stromkunden über die EEG-Umlage. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Denn auch im Ausland finden sich nicht immer Abnehmer. Und weil sich Kohle- und die verbliebenen Atomkraftwerke nur schlecht kurzfristig regeln lassen, werden dann Wind- und PV-Parks abgeregelt, also vom Netz genommen. 2011 war dies an 45 Tagen der Fall, 2012 bereits an 77 und allein im ersten Quartal 2013 bereits an 23 Tagen. Den Betreibern der abgeregelten Anlage steht in solchen Fällen eine Entschädigung für diesen sog. „Geisterstrom“ zu (Nennen wir das doch einfach Geisterstromentschädigungszuschlag, oder kurz: GEZ). Auch diese wird durch die EEG-Umlage finanziert. Schlussfolgerung: Die Kunden bezahlen Strom, den sie gar nicht verbrauchen, ja der nicht einmal produziert wird. Neben den in den letzten Jahren horrend gestiegenen Steuern ist das ein Grund dafür, dass die Strompreise steigen, obwohl der Börsenstrompreis auf einem historischen Tief ist.

Dieses Problem darf jedoch in keinem Fall für einen Angriff auf das EEG vorgeschoben werden! Denn Wind und PV müssen noch weiter ausgebaut werden und die Investoren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Die bessere und nachhaltigere Lösung ist es, den Strom einfach hierzulande zu verbrauchen. Teilweise lässt sich das mit zusätzlichen Leitungen bewerkstelligen. Zeitweise entsteht nämlich die absurde Situation, dass im Norden Windparks abgeregelt  und im Süden Kohlekraftwerke aus der Kaltreserve hinzugeschaltet werden, allein wegen fehlender Leitungskapazitäten. Sowas kann eigentlich nur in einem „Dumb Grid“ passieren! (Zugegeben, der Begriff ist ein wenig unfair. Die Tatsache, dass wir bisher noch keinen Blackout hatten beweist ja, dass unsere Netzbetreiber ihr Handwerk ziemlich gut beherrschen. Aber er ist so schön griffig und das System trotzdem grotesk.) Natürlich lässt sich Strom auch sehr effizient für Raumheizung und Warmwasser nutzen.  Im Jahr 2020 ließen sich so – allein durch den Einsatz in der Warmwasserbereitung – 2,5 Mrd. Liter Heizöl (Wert: ca. 2 Mrd. Euro) Heizöl einsparen. Es gibt also genug Möglichkeiten, unseren Strom sinnvoll und ökonomisch zu nutzen. Es wird Zeit, dass wir sie wahrnehmen, dann wären wir eine GEZ schon mal los.