Großwärmepumpen kommen in der Industrie immer häufiger zum Einsatz. Dipl.-Ing. Karl Ochsner gibt auf dem 13. Forum Wärmepumpe eine Einführung zu Industrie- und Prozesswärmepumpen.

Herr Ochsner, welche Besonderheiten bringen Industrie- und Prozesswärmepumpen mit sich? Wie unterscheiden sie sich von einer Standard-Heizwärmepumpe?

Wärmepumpen zur Beheizung von Einfamilienhäusern und auch größeren Gebäuden gehören heute zum Stand der Technik. In vielen Ländern stellen sie die bevorzugte Heiztechnik dar und setzen im Regelfall Scroll-Kompressoren und Plattenwärmetauscher ein.

Auch im Marktsegment Großvolumige Bauten können Großwärmepumpen einen wesentlichen Beitrag zur Umweltentlastung und Kosteneinsparung leisten. Eine Besonderheit liegt darin, dass beispielsweise große Bürobauten oft auch gleichzeitig geheizt und gekühlt werden müssen. Hier bietet sich der Einbau von Großwärmepumpen an. So kann ein Großteil der Wärmeenergie durch hausinterne Wärmeverschiebung und damit doppeltem Nutzen aufgebracht werden. Mit der Umgebungswärme der Wärmepumpen wird der vom EEG geforderte erneuerbare Anteil erreicht. Es ist heute technisch überholt, im Regelfall mit herkömmlicher Technik, d.h. Öl oder Gaskessel zu heizen und mit Kaltwassersätzen zu kühlen. Solide Großwärmepumpen sind mit Schrauben- oder Turboverdichtern und Rohrbündelwärmetauschern ausgerüstet.

Auch in der Industrie- und Kraftwerkstechnik können Wärmepumpen, die in der Lage sind, hohe Vorlauftemperaturen zu generieren, wirtschaftlich eingesetzt werden. Hier kann ein namhafter Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz geleistet werden.

Welches Potenzial besitzen Industrie- und Prozesswärmepumpen in Deutschland und wie kann dieses erschlossen werden?

Speziell in der Lebensmittelindustrie, beispielsweise in Molkereien, ist Abwärme von Kältemaschinen und anderen Prozessen vorhanden und gleichzeitig ein großer Bedarf an Heißwasser. Hier kann die Wärmepumpe eine Doppelfunktion – sprich Heizen und Kühlen – im Prozess erfüllen. Bei mechanischen Fertigungsprozessen, aber auch in der Chemie, ist ebenfalls Abwärme in großem Maß vorhanden. Wenn hier die entsprechenden Abnehmer für Wärmeenergie gefunden werden, beispielsweise in der Prozesskette oder in lokalen Heiznetzen, ist auch hier der Einsatz von Wärmepumpen höchst wirtschaftlich.

In Kraftwerken kann wiederum Kühlwasser oder heißes Rauchgas als Wärmequelle für Fernheizenergie dienen. Es ist notwendig, dass sich sowohl Planer als auch Betreiber dieser Anlagen über die Möglichkeiten eines Wärmepumpen-Einsatzes informieren.

Welche europäischen Länder sind Vorreiter bei der Nutzung von diesem speziellen Wärmepumpentyp?

Europäische Länder sind Vorreiter bei der Nutzung von diesem speziellen Wärmepumpentyp. Wärmepumpen mit mehrfacher Megawatt-Leistung werden beispielsweise in Skandinavien seit Jahren erfolgreich für Fernheizsysteme eingesetzt. In Dänemark sollen Großwärmepumpen verstärkt zur Glättung der – wegen des wachsenden Anteils erneuerbarer Stromgewinnung fluktuierenden – Stromnetze eingesetzt werden.

Zum Interviewpartner

Dipl.-Ing. Karl Ochsner studierte von 1964 bis 1968 Maschinenbau an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Im Anschluss war er in der Ochsner und Sohn Maschinenfabrik Linz tätig. Unter seiner Leitung baute sich das Unternehmen einen internationalen Ruf für Kompressoren und Prozesspumpen im Anlagenbau auf. 1976 gründete Dipl.-Ing. Ochsner die OCHSNER Wärmepumpen GmbH.

In der europäischen Wärmepumpen-Branche ist er ein anerkannter Akteur. Als Präsident des Europäischen Wärmepumpen-Verbands EHPA von 2006 bis 2015 und als Obmann des Bundesverbands Wärmepumpe Austria von 2003 bis 2012 vertrat er die Interessen der Mitglieder beider Verbände auf nationaler und internationaler Ebene.