Die Wärmepumpe erfreut sich in der Schweiz einer großen Beliebtheit. Über 30 Prozent der verkauften Wärmeerzeuger sind Wärmepumpen. Dr. Peter Bieri, ehemaliges Ständeratmitglied der Schweiz und Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS), hält auf dem 13. Forum Wärmepumpe einen Vortrag mit dem Titel „Vorteile der Wärmepumpen politisch nutzen“.

Herr Bieri, wie sieht es mit der Entwicklung des Wärmepumpen-Marktes in der Schweiz derzeit aus? Welche Marktperspektiven gibt es?

Zurzeit werden in der Schweiz rund 55.000 Wärmeerzeuger pro Jahr verkauft, 10.000 Stück im Bereich Neubau und 45.000 Stück im Rahmen von Sanierungen in bestehenden Bauten. 19.000 von 55.000 Stück Wärmeerzeugern sind Wärmepumpen. Wir sprechen von einem Marktanteil von 35 Prozent. Im Neubau ist der Anteil gegen 90 Prozent. Am 9. Januar 2015 wurde die Musterenergieverordnung der Kantone verabschiedet. Darin wird der Einbau von Wärmepumpen empfohlen; dies geschieht zwar nicht explizit; über den eingeforderten Pflichtanteil an erneuerbaren Energien wird der Einbau der Wärmepumpe jedoch gefördert. Zudem verlangt die Verordnung den Ersatz von Elektrozentralheizungen innerhalb von 15 Jahren. Kürzlich haben 43 ETH-Professoren eine Initiative für ein Verbot von Ölheizungen lanciert. All dies sind starke Zeichen für vorzügliche Marktperspektiven der Wärmepumpen. Allerdings erwarten wir dabei einen leichten und kontinuierlichen, jedoch keinen sprunghaften Anstieg. Die derzeitigen tiefen Heizölpreise, der oft bequeme Ersatz alter Gas- und Ölbrenner durch neue oder der finanzielle Zusatzaufwand bei Investitionen sind die wohl wichtigsten „Bremsfaktoren“.

Warum ist die Wärmepumpe in der Schweiz so viel erfolgreicher als in Deutschland?

Diese Frage aus unserer schweizerischen Perspektive zu beantworten ist heikel – zumal wir uns nicht dem Vorwurf der Besserwisserei oder der Überheblichkeit aussetzen wollen. Ich versuche es trotzdem. Der Schweiz kommt in verschiedenen Bereichen eine Pionierrolle zu. Dies kann auch für die Entwicklung und die Förderung der Wärmepumpentechnik zutreffen. Der Schweizer Heizungsmarkt ist im Vergleich zu Deutschland zehnmal kleiner und damit wesentlich überschaubarer. Daher testen internationale Konzerne neue Technologien gerne in der Schweiz. Dies ermöglicht dem Schweizer Markt einen gewissen Vorsprung. Die Schweiz darf für sich beanspruchen, dass sie sich mit ihren technischen universitären Hochschulen (ETH- Zürich und EPFL Lausanne) und mit den sich im Wissenstransfer sehr engagierten Fachhochschulen im Ingenieurbereich eine weltweit anerkannte Position geschaffen hat. Der Mangel an fossilen Energieträgern wie Gas oder Öl hat in unserem Land dazu geführt, die vorhandene elektrische Energie, die zu einem erheblichen Anteil aus einheimischen Wasserkraftwerken stammt, optimal zu nutzen. Auch ist das Umweltbewusstsein in unserem Land bereits seit den frühen achtziger Jahren in unserer Bevölkerung präsent. Die Produktion von Strom aus der einheimischen Ressource Wasserkraft und dessen sorgfältige Nutzung sind breit in unserer Bevölkerung verankert. Die genannten Punkte könnten den Unterschied zu Deutschland zum Teil erklären.

Sie waren selbst lange Jahre in der Politik aktiv. Was muss man einem Politiker erzählen, um ihn für die Wärmepumpe zu gewinnen?

Verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker sind bestrebt, für die Herausforderungen unserer Gesellschaft erfolgsversprechende Lösungen zu suchen und diese in ihre Politik aufzunehmen. Wenn die Technik dazu Möglichkeiten anbietet, nehmen sie diese noch so gerne in ihr Repertoire auf. Wärmepumpen nutzen saubere und unerschöpfliche Umweltenergie. Wenn wir als kleines Binnenland ohne Bodenschätze und – mit Ausnahme von Holz - ohne fossile Energien auskommen müssen, liegt die Wärmepumpentechnik auf der Hand. Kommt hinzu, dass mit dieser Technik ein erheblicher Teil der Wertschöpfung in der Schweiz bleibt. Als Politiker kann ich auch etwas plakativ historisch argumentieren: Es gab die Feuerstelle in den Höhlen, dann die Hypokaustenheizung bei den Römern, gefolgt vom Feuer im Heizkessel. Der nächste Sprung, getrieben von der Energieeffizienz, ist die Wärmepumpe. Warum sollen wir Schweizer nicht mit von der Partie sein?

Zum Interviewpartner

Der promovierte Agronom Peter Bieri ist der Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS). 2007 war er Präsident des Ständerats Schweiz. Seit 1996 war er im Ständerat Mitglied in verschiedenen Kommissionen, unter anderem in den Kommissionen Wissenschaft, Bildung und Kultur, Finanzen sowie Verkehr und Fernmeldewesen. Bieri ist außerdem Präsident der LITRA, Informationsdienst für Nutztierwissen und war lange als Landwirtschaftslehrer und Betriebsberater am kantonalen LBBZ Schluechthof tätig.