Expertenmeinung: Interview mit Kai Loos

 

Heute begrüßen wir zum 14. Teil unserer Serie „Köpfe“ Kai Loos, Dipl. Ing. und Inhaber des gleichnamigen Ingenieurbüros für Gebäudeenergetik aus Alzey in Rheinland-Pfalz.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen uns ein paar Fragen zu beantworten!

1.    Hätten Sie jemals gedacht, dass die Wärmepumpe jemals zu so einem großen Politikum wird?
Nein, ich hätte es in den letzten beiden Jahren nicht gedacht, wobei die Wärmepumpe an sich kein Politikum ist, sondern wie mit ihr und dem Thema Erneuerbare Energien generell umgegangen wird.


2.    Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Ich halte es nicht für realistisch und die Zahl von 500.000 für zu hochgegriffen! Die Heizungsbauer arbeiten derzeit schon am Limit. Außerdem halte ich es für fraglich, ob 500.000 Wärmepumpen pro Jahr erstrebenswert sind, da das ganze Umfeld (wie das Stromnetz) geplant und ausgebaut werden müssen. Zudem höre ich große Skepsis von Hausbesitzern.


3.    Was hätte die Politik in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz besser machen können?
Ich halte die Kommunikation des GEG für einen Fehler! Ebenso die Konzentration auf die Wärmepumpe. Man hätte an das Gesetz viel technologieoffener rangehen müssen. So wurde nur viel Verunsicherung erreicht und im Endeffekt werden derzeit weniger Wärmepumpen eingebaut.


4.    Inwiefern haben Sie festgestellt, dass sich das Interesse der Kunden an der Heizmethode geändert hat?
Ich habe festgestellt, dass der Fokus der Kunden seitdem Ukraine-Krieg auf der Wärmepumpe liegt. Viele Kunden wollen weg von Öl und Gas, die Nachfrage nach Pelletheizungen ist ebenso eingebrochen. Viele Kunden kontaktieren mich mit der Frage, ob bei ihnen eine Wärmepumpe funktioniert. Einen Vorteil hat die Wärmepumpe gegenüber allen anderen Heizmethoden, nämlich das Image, die moderne Heiztechnik der Zukunft zu sein.


5.    Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Objektiv betrachtet, funktioniert bei den meisten Kunden eine Wärmepumpe, bei einigen müssen lediglich die Heizkörper ausgetauscht werden. Erst wenn zu viele Heizkörper getauscht und sich die Wärmepumpe wirtschaftlich nicht lohnt, empfehle ich eine andere Heizmethode.


6.    Welche regenerative Heizung empfehlen Sie als Alternative zur Wärmepumpe?
Als Alternative zur Luft-Wasser-Wärmepumpe, sehe ich Luft-Luft-Geräte (Klimageräte) und sonst höchstens Gasbrennwert-Geräte. In städtischen Quartieren macht Fernwärme Sinn, wenn überschüssige Wärme z.B. aus Industriebetrieben verfügbar ist. Jedoch erachte ich eine Pelletheizung seit der Rücknahme der Förderung für wirtschaftlich uninteressant, ebenso ist die Solarthermie bei den meisten Wohnhäusern wirtschaftlich nicht interessant.


7.    Wird Ihrer Meinung nach Wasserstoff jemals beim Heizen eine Rolle spielen?
Vielleicht wird Wasserstoff in ferner Zukunft, also in 20-30 Jahren, eine Alternative, momentan ist er jedoch zu teuer und grundsätzlich in der Industrie und Mobilität besser aufgehoben als in Häusern.


8.    In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun?

Grundsätzlich müssen Politik und Gesellschaft den Ruf des Handwerks wieder attraktiv machen und dem Handwerk zu einem höheren Stellenwert in der Gesellschaft verhelfen.
In den letzten 20-30 Jahren wurden die Rufe laut, man müsse unbedingt studieren, um ein gutes Leben führen zu können, was jedoch nicht stimmt, das Handwerk bietet tolle Möglichkeiten.
Betriebe müssen sicherlich attraktive Gehälter zahlen, da die Gehälter in der Industrie höher liegen.
Ich glaube jedoch, dass wir in Deutschland noch einige Kapazitäten haben, die wir aktivieren können um den Fachkräftemangel zu beheben.
Selbstverständlich gehört auch dazu, die jungen Menschen in den sozialen Medien abzuholen und dort die Attraktivität des Handwerks aufzuzeigen.


9.    Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen?
Für mich war es als Einzelunternehmer bisher kein Thema, ich habe erst letzten Monat meinen ersten Werksstudenten eingestellt. Jedoch kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Mitarbeiter müssen Spaß bei der Arbeit haben, dann werden sie auch ihr Bestes geben. Und das Beste ist individuell, man kann nicht alle Mitarbeiter an der gleichen Latte messen!


10.    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird?

Ich glaube nicht, dass die Treibhausgasneutralität bis 2045 eintreten wird! Deutschland ist eine Industrienation und ich sehe nicht, wie man den Energiebedarf allein durch Erneuerbare Energien decken soll. Die Stärke Deutschlands ist seine Innovationskraft, Deutschland kann und sollte die Technik weiterentwickeln, mit der die Welt Treibhausgase einsparen kann.


11.    Abschließend wagen wir einen Blick in die Zukunft:
Es ist Oktober im Jahr 2045 und Sie denken an das Interview vom Oktober 2023 zurück.
Was werden Sie über die Wärmewende der 2020er-Jahre denken? 

Es stellt sich die Frage, was in diesem Jahrzehnt noch passiert. Wahrscheinlich werde ich denken: Die 2020er-Jahre waren das Jahrzehnt, in dem ein Umbruch aufgrund des Klimawandels stattgefunden hat, besonders gegen Ende des Jahrzehnts sind wir entschieden vorangekommen.


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Loos!