Expertenmeinung: Interview mit Jörg Busch

Im 15. Teil unserer Serie „Köpfe“ steht uns Jörg Busch Rede und Antwort. Er ist Geschäftsführer von Dornhöfer Automation & Haustechnik, einem mittelständischen Familienbetrieb mit mehr als 110 Jahren Erfahrung im Handwerk. 
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen uns ein paar Fragen zu beantworten! 

1.    Hätten Sie jemals gedacht, dass die Wärmepumpe jemals zu so einem großen Politikum wird?
Nein, ich hätte nicht gedacht, dass die Wärmepumpe zu so einem großen Politikum wird, jedoch war mir von Anfang an klar, dass die Wärmepumpe zukünftig eine große Rolle spielen wird, da die fossilen Energieträger Auslaufmodelle sind. Ich denke, dass Alternativen Energieträger, auch insbesondere aufgrund der zunehmenden Elektrisierung, immer wichtiger werden.  


2.    Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch? 
Ich halte dies für unrealistisch, auch wenn die Hersteller die Kapazitäten hochgefahren haben. Es fehlt an Material und Personal. Kurz- und mittelfristig ist die Vorgabe meiner Meinung nach nicht umsetzbar.


3.    Was hätte die Politik in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz besser machen können?
Ich denke, es wird oft Vieles schlechtgeredet, dabei ist der Ansatz der Regierung überhaupt etwas zu verändern, gut und grundsätzlich wurden die richtigen Weichen gestellt. Jedoch wurde das Gesetz schlecht kommuniziert und es wurden unnötigerweise immer wieder Wasserstandsmeldungen abgegeben. Auch, dass unterschiedliche Partner mit unterschiedlichen Lobby-Interessen in der Regierung vertreten sind, war für das Gesetz hinderlich. 


4.    Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
Wir installieren überwiegend große Anlagen und kommen auf 30-35 Anlagen pro Jahr, wobei wir uns in den letzten beiden Jahren gesteigert haben. 

 
5.    Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren? 
In einem klassischen Einfamilienhaus rechnen wir mit ca. 5 Werktagen Arbeitszeit, bei größeren Anlagen dauert es mitunter länger. 


6.    Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Pauschal lässt sich dies nicht sagen, wir müssen zunächst einmal die entsprechende Immobilie besichtigen und begutachten und es müssen entsprechende Voraussetzungen gegeben sein. Es kommt auch immer auf das individuelle Verhalten der Kunden an, jedoch eignet sich die Wärmepumpe nur in seltenen Fällen nicht. Im Gespräch mit den Kunden, sprechen wir all dies an und kommen dann zu einem entsprechenden Ergebnis.  


7.    Welche regenerative Heizung empfehlen Sie als Alternative zur Wärmepumpe?
Ich halte Fernwärme in städtischen Quartieren für eine gute und nachhaltige Alternative, Biomasse halte ich persönlich für schwierig, ebenso die klassische Pelletheizung, da diese sehr wartungsintensiv ist und einen relativ großen Verschleiß hat.


8.    Wird Ihrer Meinung nach Wasserstoff jemals beim Heizen eine Rolle spielen?
Viele wünschen sich, dass Wasserstoff eine Rolle beim Heizen spielt, jedoch ist das Heizen mit Wasserstoff sehr aufwändig und anspruchsvoll und ich halte es für fraglich, dass in Deutschland flächendeckend mit Wasserstoff geheizt werden wird. Für fraglich halte ich auch, ob die benötigten Mengen an Wasserstoff aufgebracht werden können. Womöglich sieht die Situation in 10 Jahren aber anders aus.


9.    In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel. 
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun?

Vielleicht hilft uns die Wärmepumpe den Beruf in der Außenwirkung attraktiver zu gestalten. Leider herrschen noch die alten Klischees vor, dass das Handwerk „dreckig und anstrengend“ sei, mit denen Schluss gemacht werden müsste. Der Beruf des Anlagenmechanikers ist, im Gegenteil, sehr anspruchsvoll und spannend. Jedoch müssen faire Bedingungen wie eine attraktive Vergütung und eine stärkere digitale Vernetzung weiteren Einzug ins Handwerk erhalten. Ich denke, wir als Gesellschaft und Unternehmen müssen die jungen Menschen in den sozialen Medien abholen, z.B. per Influencern, um den jungen Menschen die großartigen Perspektiven des Handwerks aufzuzeigen.  


10.    Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen? 
Wir sind auf vielen Kanälen unterwegs und sind in unserer Region recht bekannt. Außerdem versuchen wir beispielsweise über Messen persönliche Kontakte zu knüpfen. Wir kümmern uns intensiv um die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter und sind stets im Austausch über ihre Sorgen und Wünsche. Auch bieten wir Modelle zur Altersvorsorge sowie eine attraktive Arbeitszeit von 37 Stunden die Woche mit flexiblen Arbeitszeit-Modellen. Weiterhin bieten wir Sonderkonditionen beim Einkaufen, Bike-Leasing, Weiterbildungsförderung sowie eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio kostenlos.


11.    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein. 
Denken Sie, dass dies eintreten wird?

Ich halte es momentan für unvorstellbar, dass 2045 kein fossiler Brennstoff mehr verbraucht wird, jedoch kann durch alternative Energieträger, sehr viel CO2 eingespart werden. Damit eine Treibhausgasneutralität gelingt, bedarf es einer gesellschaftlichen Vision und entsprechender Finanzierung.


12.    Abschließend wagen wir einen Blick in die Zukunft: 
Es ist Oktober im Jahr 2045 und Sie denken an das Interview vom Oktober 2023 zurück. 
Was werden Sie über die Wärmewende der 2020er-Jahre denken?

Ich werde wahrscheinlich denken: Die Entwicklung der Gesellschaft ist immer schneller und immer heftiger vorangegangen und die 2020er-Jahre waren das Jahrzehnt, in dem große Veränderungen in der Gesellschaft vonstattengegangen sind, von der Energieversorgung hin zur Lebensweise.  


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Busch!