Gutachten warnt vor Rücknahme der Heizungsregeln im Gebäudeenergiegesetz: Wärmepumpen-Branche fordert Rechtssicherheit
Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Heizungsregelungen der Ampelregierung wieder abzuschaffen. Das verursacht seit Monaten Unsicherheit unter Hauseigentümern und in der Branche. Die angekündigte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes lässt seit Monaten auf sich warten. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. zeigt nun, warum das Vorhaben besonders herausfordernd ist: Eine bloße Streichung des Paragrafen 71 im GEG („Heizungsgesetz“) würde gegen Europarecht und deutsches Verfassungsrecht verstoßen.
Berlin, 29. September 2025. Die Rücknahme der Heizungsregeln würde laut Gutachten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von Gerichten korrigiert, mit fatalen Folgen für Verbraucher, Branche und die Glaubwürdigkeit der Politik. Der Branchenverband appelliert daher an die Bundesregierung, die angekündigte Novelle rechtssicher umzusetzen.
„Wir brauchen eine belastbare Planungssicherheit im GEG und in der Heizungsförderung“, fordert BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel. „Die Wärmepumpe war im ersten Halbjahr das am häufigsten verkaufte Heizungssystem, noch vor Gas- und Ölheizungen. Allein im August wurden rund 24.000 Wärmepumpen abgesetzt. Es ist ein großer Vorteil, dass die Wärmewende mit in Deutschland produzierten Wärmeerzeugern umgesetzt werden kann. Es geht um Arbeitsplätze für viele Tausend Beschäftigte in Industrie, Fachhandwerk und in der Energiewirtschaft. Statt neuer Schlupflöcher für das Verheizen von Öl und Gas brauchen wesentliche Teile des deutschen Mittelstands jetzt Rechtssicherheit. Die Wärmewende mit Wärmepumpen reduziert zudem die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen, für deren Import Jahr für Jahr etwa 70 Milliarden Euro ausgegeben werden müssen.“
Gerichte könnten rechtswidrige Novelle rückgängig machen
Der BWP befürchtet, dass der Gesetzgeber das GEG aus rein populistischen Gründen in einer Weise reformieren könnte, die vor Gericht angreifbar wäre. Die resultierende Unsicherheit würde den Erfolg der Wärmewende gefährden und die aktuell positive Marktentwicklung der erneuerbaren Heizungen wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen erneut abrupt stoppen. Dies sei ebenso zu befürchten, wenn die Regelung nicht gestrichen, sondern in ihrem Anforderungsniveau ausgehöhlt werde. Um Klarheit über den rechtlichen Handlungsraum der Bundesregierung zu erhalten, habe der BWP das Rechtsgutachten beauftragt.
„Die seit Anfang 2024 im Gebäudeenergiegesetz verankerte Vorschrift, dass neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie einsetzen müssen, setzt verbindliches Europa- und Verfassungsrecht um“, so die Verfasserin des Gutachtens, Dr. Miriam Vollmer, Partnerin bei der Energierechtskanzlei re | Rechtsanwälte mit Blick auf eine mögliche Neuregelung: „Der Gesetzgeber hat Spielräume, aber er darf Hauseigentümern im Gebäudeenergiegesetz nicht freistellen, weiterhin wie bisher auf Erdgas oder Heizöl zu setzen. Ein bloßer Verweis auf den deutschen oder europäischen Emissionshandel würde nicht ausreichen.“
Verfassungsrecht und Europarecht binden den Gesetzgeber
Das Rechtsgutachten verweist auf Artikel 20a des Grundgesetzes und das Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021. Demnach würde der Gesetzgeber durch eine Rücknahme des Paragrafen 71 im GEG seine Pflichten verletzen, die Bürgerinnen und Bürger vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und zu berücksichtigen, dass unterlassener Klimaschutz die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen einschränke. Eine bewusste Verschlechterung des Klimaschutzes ließe sich auch nicht damit begründen, dass eine entsprechende Regelung erst mit der letzten GEG-Novelle geschaffen wurde. Aus dem Grundgesetz ergebe sich ein Verschlechterungsverbot, wenn sich der vom Gesetz adressierte Sachverhalt nicht so eindeutig verbessert habe, dass strenge Regeln nicht mehr nötig seien. Dies sei nicht der Fall.
Im Europarecht seien die Vorgaben zudem teilweise noch konkreter: Die EU-Lastenteilungsverordnung verpflichte zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor. Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) erfordere die Aufstellung von Renovierungsplänen. Und die Erneuerbare-Energie-Richtlinie (RED) setze insbesondere mit Blick auf das Heizen sogar das Ziel, dass der Erneuerbaren-Anteil der in Gebäuden eingesetzten Energie bis 2030 um jährlich 1,1 Prozent steigen müsse.
„In der Gesamtbetrachtung trägt die 65-Prozent-Regelung im Gebäudeenergiegesetz erheblich dazu bei, die ambitionierten Vorgaben des europäischen Rechts zu erfüllen. Sie bewirkt über den Heizungstausch wachsende Anteile erneuerbarer Energie, einen sinkenden Energiebedarf der Gebäude, und hält die CO2-Ziele in Reichweite“, so Dr. Vollmer.
GEG als Bestandteil des Klimaschutzprogramms
Für den Bundesverband Wärmepumpe ist deshalb klar, dass sowohl die Heizungsregelungen auf einem unveränderten Ambitionsniveau als auch die BEG-Heizungsförderung in ihrer gegenwärtigen Form zentrale Inhalte des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung werden müssten. Zum 25. September mussten die zuständigen Fachministerinnen Reiche und Hubertz gegenüber Bundesumweltminister Schneider benennen, mit welchen Maßnahmen sie die CO2-Ziele im Gebäudesektor erreichen wollen. Laut Expertenrat für Klimafragen befand sich der Gebäudesektor im vergangenen Jahr zwar knapp innerhalb des Zielpfads, das Ziel für 2030 werde aber voraussichtlich verfehlt. Als wirksamste Klimaschutzinstrumente für den Gebäudesektor machte der Expertenrat das GEG und die BEG aus.
BWP-Stellungnahme zu GEG und BEG
Zeitgleich zum Rechtsgutachten hat der BWP eine Stellungnahme vorgelegt. Darin plädiert er für eine rechtskonforme Bestätigung der Heizungsregelungen und für eine Fortsetzung der erfolgreichen Förderung. Das Gebot, 65 Prozent erneuerbare Energien in neuen Heizungen zu nutzen, dürfe auch nicht unterlaufen werden, indem die Kriterien der Erfüllungsoptionen ausgehöhlt werden. Dies gelte besonders für die sogenannten „H2-ready-Gasheizungen“. Diese dürften nicht allein aufgrund der aus Verbandssicht zweifelhaften Behauptung anerkannt werden, dass fossiles Gas zukünftig grün werde.
Weitere Infos unter https://www.waermepumpe.de/presse/pressemitteilungen/ .
Über den Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V.
Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V. ist ein Branchenverband mit Sitz in Berlin, der die gesamte Wertschöpfungskette rund um Wärmepumpen umfasst. Im BWP sind über 1.250 Unternehmen der Heizungsindustrie, Handwerksunternehmen, Planungs- und Architekturbüros, Bohrfirmen sowie Energieversorger organisiert, die sich für den verstärkten Einsatz effizienter Wärmepumpen engagieren.
Die deutsche Wärmepumpen-Branche beschäftigt rund 70.000 Personen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro. Derzeit werden in Deutschland über 1,7 Millionen Wärmepumpen genutzt. Die hier verbauten Anlagen werden zu rund 95 Prozent von BWP-Mitgliedsunternehmen hergestellt.
Pressekontakt:
Katja Weinhold / Peter Kuscher
Hauptstraße 3
10827 Berlin
Telefon: 030 208 799 716
E-Mail: presse@~@waermepumpe.de