Sportamt Friedrichshain-Kreuzberg birgt Schatz aus dem Abwasserkanal

Viele Hürden seien zu überwinden gewesen, um die Anlage realisieren zu können, sagte Bezirksbürgermeister Franz Schulz im August 2011bei der feierlichen Inbetriebnahme der Abwasser-Wärmepumpe am Kurt-Ritter-Sportplatz in Berlin-Friedrichshain. Doch der Hürdenlauf hat sich gelohnt, versorgt die Wärmepumpe doch mittlerweile gleich zwei Gebäude mit emissionsarmer Energie, die andernfalls ungenutzt abgeflossen wäre. So hilft die neuartige Technologie, den Erdgasverbrauch beider Gebäude um bis zu zwei Drittel zu reduzieren.

Zur Wärmerückgewinnung aus dem öffentlichem Abwasserkanal im Bypass setzen die Betreiber auf ein bivalentes Wärmepumpensystem von der SmartHeat Deutschland GmbH. Einzigartig an der neuen Anlage ist, dass ihr Wärmetauscher im Gegensatz zu den meisten anderen  Abwasser-Anlagen nicht direkt in den Kanal eingebaut wurde. Stattdessen wurden Wärmetauscher und Heizzentrale in einem Container untergebracht, der eigens dafür auf dem Sportgelände installiert wurde. Bevor das aus dem Kanal hochgepumpte Abwasser den Wärmetauscher erreicht, wird es durch ein Sieb geleitet und von Ablagerungen befreit.

In den wärmeren Monaten liefert die Wärmepumpe die Grundlast von 60 Kilowatt für die Heizung und Warmwasserbereitung im Familienzentrum „Juli“ und der anliegenden Sporthalle. Im Winter haben beide Gebäude zusammen bei einer Außentemperatur von minus 14 Grad einen Gesamtwärmebedarf von 230 Kilowatt. Zur Deckung der Spitzenlast können zwei Gasthermen hinzugeschaltet werden.

„Das Abwasser in Deutschland enthält genügend Energie, um 2 bis 4 Millionen Wohnungen mit Wärme zu versorgen“, erklärt André Schreier, Geschäftsführer der SmartHeat. Der deutsche Hersteller entwickelt und produziert seit über 20 Jahren Groß- und Sonderwärmepumpen. Er ist sich sicher, dass dieses Potenzial in Zukunft verstärkt einer Nutzung zugeführt werden wird.

So sieht das auch Karl-Heinz Stawiarski vom Bundesverband Wärmepumpe: „Verbesserte Wärmedämmung, eine neue Generation von gut isolierenden Fenstern und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung lassen kaum mehr Heizwärme aus modernen Gebäuden entweichen. Doch auch bei energieoptimierten Gebäuden bleibt ein Wärmeleck: die Abwasserleitung. Und da moderne energieeffiziente Gebäude für ihre Heizung nicht mehr Energie benötigen als zur Warmwasserbereitung, erkennt man das gewaltige Potenzial, das durch unsere Abwasserkanäle rauscht.“

Das Abwärmepotenzial von Abwasser nutzen

Das Abwasser, das aus privaten Haushalten und der lndustrie – dort beispielsweise auch als Kühlwasser – in die Kanalisation gelangt, ist eine ganzjährig zuverlässige, emissionsarme und lokal vorhandene Energiequelle, die bislang weitestgehend ungenutzt bleibt. Mit einem konstanten Temperaturniveau von 10 bis 20 °C ist Abwasser eine ideale Wärmequelle für den effizienten Betrieb von Wärmepumpen. Die Technik zur Energiegewinnung aus Abwasser ist einfach und erprobt. Herzstück bilden ein Wärmetauscher, der aus dem Abwasser Energie gewinnt, und eine Wärmepumpe, die die Energie für die Beheizung oder Kühlung von größeren Gebäuden nutzbar macht.

Der Einsatz von Abwasser-Wärmepumpen rechnet sich laut e.qua, dem Netzwerk Energierückgewinnung und Ressourcenmanagement Wasser/Abwasser, für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern und entsprechendem Abwasserfluss. Besonders wirtschaftlich ist die Nutzung für kommunale Einrichtungen (Schulen, Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, Hallenbäder und Sportanlagen), lndustrie- und Gewerbebetriebe sowie zur Versorgung von ganzen Wohnsiedlungen durch Nahwärmenetze.

BWP-Pressefahrt_Berlin2012013.JPG